Luftaufnahme der Halbinsel Alt Stralau
So soll die Bahrfeldtstraße einmal aussehen, wenn alles fertig ist.

Unscheinbar, ein wenig versteckt, liegt sie da, im Berliner Osten, die Halbinsel Alt-Stralau. Umgeben von Spree und Rummelsburger Bucht. Auf den ersten Blick lässt nichts vermuten, dass dieses kleine Fleckchen Erde zu einem der am frühsten besiedelten Gebieten im heutigen Berliner Raum zählt und sich hier innerhalb zweier Jahrhunderte verschiedenste Phasen der Stadtentwicklung vollzogen haben. Auf die frühe Besiedelung weisen Funde aus der Steinzeit hin, wie zum Beispiel ein Weizenbeil oder ein bearbeiteter Feuerstein. Archäologen fanden außerdem Relikte aus der Bronze- und Eisenzeit. Auch wir sind bei der Baufeldfreimachung auf Spuren der „altstralauischen“ Geschichte gestoßen und haben auf dem Grundstück der Bahrfeldtstraße zwei Altfundamente freigelegt, allerdings nicht aus der Steinzeit. Es sind die Überbleibsel zweier Industriehallen von Firmen, die dort im 19. Und 20. Jahrhundert ihre Waren produziert haben. Der Bagger hat uns außerdem eine alte Pflasterstraße ausgebuddelt, die bis 1945 noch aktiv genutzt und dann zugeschüttet wurde.

Altfundamente eines Industriebau, der sich ursprünglich von der Bahrfeldtstraße bis an die Spree zog.

Im 13. Jahrhundert wurde der Name des Fischerdorfes Stralow erstmalig erwähnt, die Ursprünge des Dorfes liegen übrigens an den heutigen Grundstücken Alt Stralau 13-24. Über die Jahrhunderte wuchs das Dorf weiter, Kirche, Friedhof und Gastronomie kamen hinzu. Berliner entdeckten die Halbinsel mit ihrer Nähe zum Wasser und dem vielen Grün als Ausflugsziel und zahlreiche Segelvereine wurden gegründet. Mit Beginn der industriellen Revolution siedelten sich im nordwestlichen Teil der Halbinsel Betriebe wie die Engelhardt Brauerei, die Stralauer Glaswerke oder die Teppichfabrik Protzen an. Die Ansiedlung von Industrie brachte die Gründung einer Gemeindeschule mit sich, Wege wurden befestigt und nachts für Licht auf den Straßen gesorgt.

Wo heute Wohnhäuser stehen, finden sich auch die Wurzeln des Fischerdorfs Stralow.

Neben Wirtschaftsstandort und Erholungsgebiet, war die Insel aber auch Arbeitslager. Im zweiten Weltkrieg wurden hier niederländische Zwangsarbeiter beschäftigt und zu DDR-Zeiten Kinder und Jugendliche zur Arbeit gezwungen. Heute erinnert eine Tafel an das ehemalige Durchgangsheim aus DDR-Zeiten, in dem die Kinder und Jugendlichen untergebracht waren und eine Gedenktafel auf dem Grundstück Alt-Stralau 44/45 an die Schicksale der Zwangsarbeiter.

Eine Gedenktafel, die an die Leiden der Zwangsarbeiter an diesem Ort erinnert.

Nach dem Ende der dunklen Vergangenheit und der Aufarbeitung dieser, ist Alt-Stralau im Zuge der Quartiersentwicklung innerhalb der letzten 30 Jahre zu einer sehr guten Wohngegend geworden. Die neue Quartiersentwicklung startet Anfang der 90er Jahre, zahlreiche Neubauten entstanden und es wird weiter gebaut. Auf diesem mittlerweile wieder friedlichen Stückchen Erde, bauen auch wir auf dem südlichen Teil der Halbinsel für die HOWOGE einen Wohnungsbau – die Bahrfeldtstraße. Das Grundstück liegt in fast unmittelbarer Nähe zum Wasser, ein Uferweg lädt zum Spazieren gehen ein, es gibt einen Kinderspielplatz und auch sportlich aktive Menschen kommen auf ihre Kosten. Wer es etwas bunter mag, ist schnell in Friedrichshain, wo zahlreiche Restaurants, Bars und Clubs auf ihre Besucher warten. Das Gebäude wird mit Außenwänden in Holztafelbauweise und einem Tragwerk aus Stahlbeton gefertigt. Es entstehen 63 Wohneinheiten von denen 31 gefördert sind.

Der Uferweg lädt zum Spazierengehen und joggen ein.

Die Zeit der Baufeldfreimachung liegt nun hinter uns. „Wir waren froh einen Archäologen an unsere Seite gehabt zu haben“, so einer unserer Projektleiter. „Es ist schon aufregend, weil man nie weiß, was man findet. Es könnte beispielsweise sein, dass man auf Kampfmittel stößt oder noch in Betrieb befindliche Versorgungsleitungen, die nicht eingetragen sind“, so unser Projektleiter weiter. „Man holt natürlich eine Leitungsauskunft bei den Versorgungsbetrieben, aber es gibt immer wieder Abweichungen zwischen Plan und Realität“. Aber nicht nur die Baufeldräumung ist eine Herausforderung, auch die Logistik fordert einiges von uns ab. Das Baufeld liegt mitten in einem Wohngebiet, die Straßen sind eng, es gibt insgesamt wenig Nutz- und Freiflächen rund um die Baustelle. Jeder kleineste Quadratmeter ist ausgeplant. Auf der Baustelle selbst ist kaum Platz, Material zwischenzulagern, entsprechend exakt muss die Belieferung der Baustelle erfolgen. Nichtsdestotrotz geht es voran. Die Baugrube ist fast ausgehoben, im ersten Bauabschnitt werden aktuell Wände und Unterzüge vorbereitet und im August starten wir mit der Betonage der Tiefgaragendecke. Der zweite Bauabschnitt wird gerade auf die Betonage vorbreitet und Mitte August wird dort die Sohle betoniert.

Luftaufnahme des Baufelds im Juli 2022.